„Eigentlich würde ich jetzt im Flieger sitzen“, denke ich am Morgen des 30. März 2020 mit Blick aus dem Fenster. Dicke Schneeflocken fallen den Himmel herunter und eine weiße Schichte legt sich auf den Boden. Ich ziehe meine Laufschuhe an und renne los.
Zum einen um mich zu akklimatisieren, ich bin ja erst vor zwei Wochen aus Indien zurückgekommen. Zum andern, weil ich es kaum glauben kann, dass ich diesen Winter noch Schnee sehe. Meine Reise begann ja bereits Sylvester und richtig Winter hatten wir bis dahin nicht in Deutschland.
Alles anders als geplant, oder doch nicht?
Schon lange hatte ich die Reise nach Sri Lanka und Indien für die Monate Januar – März 2020 geplant. Da ich die letzten beiden Jahre im Januar im schönen Pure Nature Ayurveda House in Sri Lanka, Yoga unterrichten durfte und Indien nur eine Flugstunde von Colombo entfernt ist, erschien es mir nur logisch mir jetzt einen Wunsch zu erfüllen: Der Besuch des Sivananda-Ashrams in Kerala, Südindien.
Wer schon immer mal wissen wollte, wie es ist einen Ashram zu besuchen, ich habe dazu einen Gastartikel für den Blog einer Freundin Synke Unterwegs geschrieben.
So habe ich meine Reise auch schon gebucht, bevor ich wusste, dass ich meine Basis wieder nach Hamburg legen würde. Diese Entscheidung habe ich bereits im Sommer 2019 getroffen. Ich war an einem Punkt in meinem Leben der wieder nach einer großen Veränderung strebte. Nach 10 Jahren Spanien und Rumreisen, hatte ich das erste Mal das Gefühl, dass ich mich irgendwo niederlassen möchte.
In meiner Vorstellung kaufte ich mir eine Mini-Haus auf Rädern und würde auf einem schönen Grundstück in der Natur, zwischen Berg und Meer, in Spanien leben. Alles möglichst nachhaltig und autark. Dort würde ich dann Yoga unterrichten, Kirtan & Mantra-Workshops geben. Soweit meine Wunschvorstellung.
Es kommt, aber anders als geplant.
Doch auf einmal kommt alles anders. Aus privaten Gründen „Home is where the heart is“ fange ich an, mich wieder auf ein Leben in Deutschland und zwar in Hamburg vorzubereiten. Dazu die Frage, was mache ich denn beruflich in Hamburg? Yoga-Lehrer gibt es mittlerweile ja so viele. Kirtaniyas schon weniger denke ich. Ich könnte mich ja erstmal auf Mantras, meine Herzensangelegenheit, konzentrieren. Doch wie lange würde es dauern dort Fuß zu fassen. Jetzt habe ich mir über 10 Jahre einen Namen als Kirtaniya und Yoga-Lehrerin in Malaga, Spanien gemacht und dann gehe ich weg. Wird es in Hamburg genau so lange dauern? Wie kann ich mich dort schnell etablieren? Klar habe ich noch Kontakte in Hamburg, aber reicht das?
Ich mache mich ans Netzwerken und versuche an die bereits vorhandenen Yoga-Kontakte anzuknüpfen. Glücklicherweise ist das Anjali-Yoga sehr offen für meine Pläne und bietet sofort an, für den wöchentlichen Kirtan, Mantra-Workshops und -Ausbildungen ein Zu Hause zu sein. Dort hatte ich auch schon bei meinen letzten privaten Besuchen in Hamburg immer wieder Kirtan und Mantra-Workshops gegeben.
Von hier aus will ich die Mantra-Wellen starten, mein Herzensprojekt. Dank eines Network-Breakfast lerne ich Anna von Yogabiz-Consulting kennen. Wir haben ein super Zoom-Meeting bei dem sie meinen „Business-Plan“ für die Mantra-Wellen auf Herz und Nieren abklopft und mir noch ein paar wertvolle Tipps mit auf den Weg gibt. „Ich soll mich erstmal auf Präsenz in Hamburg konzentrieren“, so ihre Idee. Ja, das macht Sinn. Schließlich war ich ja fast 10 Jahre nicht in Hamburg zu sehen.
Auch das sollte anders kommen, Präsenz hat viele Formen!
Schon zu diesem Zeitpunkt habe ich die Idee einen Online-Mantra-Kurs aufzubauen, um mir für die Zukunft auch ein passives Einkommen zu generieren. Da ich mich technisch als nicht besonders versiert bezeichnen würde, kam dieser Punkt erst später in meinem 3-5 Jahresplan vor.
Manchmal kommt es schneller als erwartet.
Doch dann lerne ich beim selben Network-Breakfast die Technik-Elfe Sarah kennen und „zack“, auf einmal war die Zukunft gleich jetzt und hier. Sie ermutigt mich, doch sofort mit dem Online-Projekt anzufangen, sie würde einfach die technische Seite übernehmen. Das war im Dezember 2019, kurz vor dem Abflug meiner Sri Lanka- und Indien-Reise.
Eigentlich wollte ich die Aus-Zeit ja nutzen, um noch mal in mich zu gehen. Zu überprüfen was ich will und mich auf mein neues Leben in Hamburg vorzubereiten.
Pläne sind dazu da, um umgeworfen zu werden.
Angekommen in Sri Lanka merke ich schnell, dass mich die Vorbereitung auf mein neues Leben in Hamburg mehr ins Außen als ins Innen schauen lässt. Das Aufgabenfeld „Präsenz in Hamburg zeigen“ bringt mich dazu mein Facebook-Profil zu aktualisieren und neue Seiten und eine Gruppe für Hamburg zu erstellen. Vorher war ja meine komplette Online-Präsenz nur auf Malaga, Spanien ausgerichtet. Dazu überarbeite ich komplett meine deutsche Website und entwickele sogar zwei neue Logos. Die Ideen sprudeln nur so aus mir heraus.
Wenn es fließt, dann lass es fließen.
Ideen für den Online-Kurs werden immer mehr. Ich kann es kaum erwarten loszulegen. Da ich keinen Laptop dabei habe nehme ich einfach mein Tablet, und damit den ersten Mantra-Kurs auf. Ich habe die Idee einen Mantra-Basis-Kurs für Alle kosten.frei zur Verfügung zu stellen. Denn während ich mich und meine Aufgaben neu erfinde, bildet sich meine Vision heraus und daraus resultierend auch eine Mission.
Mantras für Alle
„Wenn alle Menschen Mantras-Singen, dann ist die Welt ein friedlicher Ort“, so meine Vision.
Die daraus folgende Aktion ist es: „Mit so vielen Menschen wie möglich Mantras zu singen“. Und was gibt es besseres als „so viele Menschen wie möglich“ zu erreichen? Das Internet. Daher die Idee einen Mantra-Basis-Kurs für Alle aufzunehmen.
Ich konzentriere mich dermaßen auf die Mantras, dass ich fast vergesse, dass ich ja Yoga-Lehrerin bin.
Kann man sich im Planen verlieren?
Mann kann sich definitiv im Alltag verlieren, so normal erscheint es mir, dass ich jeden Tag Yoga im Pure-Nature-Ayurveda-Haus unterrrichte. Montags bis Freitags gibt es Hatha-Yoga und am Wochenende Yin-Yoga. Meistens nehme ich die Ukuelele mit und singe für die Teilnehmer noch das Mantra des Tages. Den Gästen gefällt es und ich bekomme immer wieder ein gutes Feedback. „Ob ich denn auch Online-Klassen anbieten würde?“ Ich lehne dankend ab. Da gibt es doch schon so viele andere. Ich freue mich aber über das Feedback und sage mir selbst, dass ich auch in Hamburg in irgendeiner Form Yoga anbieten würde. Ich weiß zwar noch nicht wie und wo, aber für wen:
Yoga für Alle
Ende Februar fliege ich dann von Colombo, Sri Lanka nach Trivandrum, Indien. Von dort aus fahre ich direkt mit dem Taxi in den Ashram und da wollte ich dann auch bis zum Ende meiner Reise bleiben. Jetzt soll die Zeit der Einkehr, des Sadhanas, meiner eigenen spirituellen Praxis nur für mich kommen. Bisher waren meinen Sivananda-Ashram-Aufenthalte immer mit einem Teacher-Training verbunden. Dieses Mal sollte es anders sein.
Hast du wohl so gedacht.
Schon beim Einchecken sehe ich die Ankündigung für das „Seniors-Yoga-Teacher-Training“ und denke nur, „Das kann doch jetzt nicht wahr sein“. Habe ich doch in Sri Lanka hauptsächlich Menschen unterrichtet, für die ich den Yoga-Unterricht individuell angepasst habe. Jetzt bietet sich hier die Möglichkeit an auch gleich zu lernen, wie man Yoga an die verschiedensten Situationen anpassen kann. Beim Senior-Yoga geht es nicht nur um das Alter, sondern auch z.B. um Bluthochdruck, Rücken- oder Knie-Schmerzen. Durchaus Dinge die ich auch schon bei Jüngeren Yoga-Praktizierenden gesehen habe. Also melde ich mich an und absolviere damit mein drittes Sivananda-Teacher-Training.
Bis dahin lief dann alles auch noch „fast“ wie geplant. Covid-19 war zwar schon ein Thema, aber im Ashram beeinflusste es uns bisher nicht.
Zeitgleich mit dem Ende der Ausbildung wird es unruhig im Ashram, die ersten Flug-Stornierungen und Reise-Einschränkungen in Indien werden bekannt gegeben. Eigentlich wollte ich doch jetzt nach dem Training die letzten zwei Wochen nutzen, um ganz nach Innen zu gehen. Einfach nur meine spirituelle Praxis genießen. Daran war jetzt nicht mehr zu denken. Innerhalb von 24h buche ich meinen Flug um, und drei Tage später bin ich dann auch schon wieder in Hamburg. Zwei Wochen früher als geplant und pünktlich zu „Wir bleiben zu Hause“.
Wenn ich jetzt zurückblicke, was in den zwei Wochen nach meiner Ankunft global so alles passiert ist, dann kann ich nur sagen, dass meine Entscheidung richtig war. Und wenn ich alles, was die letzen drei Monate passiert ist, in einen größeren Zusammenhang stelle, dann frage ich mich:
„War das der Plan?“
Dank meiner ganzen „Vorarbeit“ auf meiner Website, mit der Social-Media und der Aufnahme des Online-Mantra-Workshops kann ich mich sofort auf meine Online-Präsenz konzentrieren. Das ist das einzige was mir jetzt geradebleibt. Wobei es auch eine Chance ist, da ich damit natürlich noch mehr Menschen mit meinen Mantras erreichen kann.
Einen Kirtan zu geben und gemeinsam mit Menschen Mantras zu singen, kann es natürlich nicht ersetzen. So lange das aber nicht möglich sein sollte, gibt es meine Mantras zum Mitsingen auf meinem YouTube-Kanal. Um Wertschätzung meiner Angebote als Mantra-Musikerin bitte ich auch finanziell um Unterstützung. Infos dazu folgen noch.
Sarah und ich arbeiten so schnell es uns möglich ist am Mantra-Online-Kurs, doch auch da wird es dauern bis ich davon leben kann.
Hat meine Intuition „gewußt“, dass es jetzt gut ist, sich online aufzustellen. Oder ist es einfach so, wie meine Ashram-Freundin und Human-Design-Coach es formulierte:
Der Plan ist, es gibt keinen Plan!
Jetzt geht es erstmal darum, das Beste aus der jeweiligen Situation zu machen. Ich bin nach wie vor positiv eingestellt, auch wenn die nächste Zeit für alle nicht ganz einfach sein wird. Ich glaube an das Gute im Menschen und freue mich so viel gegenseitige Unterstützung in dieser Situation zu erleben. Ich danke allen, die mich auf diesem Weg begleiten.
Wir können aus dieser Welt einen besseren Ort machen, gemeinsam. Jetzt mehr denn je.
Yoga Online kann ich mir immer noch nicht vorstellen, mal sehen was die Zukunft so bringt. Ich freue mich jetzt schon wieder auf die Zeit, wenn ich offline Yoga unterrichten, Kirtan und Mantra-Workshops geben kann.
Bis dahin sehen wir uns online.
Om shanti, Alice Radha